9. Computergestützte Analyse und Interpretation von Partituren auf RUBATO - das Prinzip der Gewichte

Vorbemerkung: Wir werden im folgenden verschiedene Objekte kennenlernen, die natürlich grundsätzlich als Denotatoren kodiert und auch als solche gespeichert werden. Dies ist ja die Charakteristik von RUBATO als Rahmensoftware. Aber wir werden nicht konsequent immer die entsprechenden Formen anschreiben, da mitunter die Anschauung schneller erreicht werden kann durch nicht zu sehr formalisierte Darstellung. Wir sprechen immer wieder RUBATO-bezogenen Notationen an. Dies bezieht sich im Zweifelsfall auf die NeXT-Version von RUBATO, obwohl auch einiges richtig ist für die Mac-Version.

Das Gesamtkonzept der Gewichte

Wenn man analytische Aufgaben zu lösen hat, stellt sich immer die Frage, was eine bestimmte Analyse für ein Thema besitzt und zu welchem Zweck sie hergestellt wird. So kann etwa eine Analyse das Thema der Harmonien und ihrer Beziehungen in einem Musikstück betreffen. Traditionell ist eine solche Analyse als Text gegeben. Man stellt fest, welche Funktion ein Akkord im Rahmen der Riemannschen Funktionstheorie haben wird, ist er subdominantisch in F-Moll oder tonikal in Ges-Dur, etc. Man wird auch bestimmte Klauseln wie Kadenzen und Modulationen identifizieren als syntagmatische Gestalten im funktionstheoretischen Vokabular.

Die ursprüngliche Aufgabe von RUBATO war es aber nicht, Analyse nur im Sinne einer Text-Information über den Partiturtext zu legen, denn die Software war vor allem für Performance-Forschung konzipiert. Andererseits ist es grundsätzlich ein Problem zu entscheiden, welche Form der Analyse die dem Verständnis einer Partitur adäquate sei. Wir haben deshalb eine Form der Analyse gewählt, die, wenn auch nicht exklusiv, so doch immer auch geliefert werden soll, damit sie der Performance zugänglich wird.

Unter dem Strich muss jede Anweisung für Performance in Spielanweisungen übersetzbar sein, d.h., in Anweisungen, die die Gestaltung von physikalischen Parametern von Sound-Events betrifft. Wir werden auf die Details dieser Anweisungsstrukturen in der Kapitel 9 zu sprechen kommen. Hier soll es genügen, dass wir die Analysen immer in Form von quantitativen Angaben vorlegen wollen, die dann zur Erzeugung von Spielanweisungen genutzt werden können.

Der gewählte Ansatz ist, dass wir zunächst eine Menge von Noten-Objekten vorgeben, welche ein Partitur-Denotator zur Performance bereiststellt. Ohne hier die rekursive Konstruktion dieser Objekte genauer zu spezifizieren, kann man annehmen, dass sie von einer Form mit Namen "Note" sind, so dass wir eine in der mathematischen Musiktheorie so genannte lokale Komposition, d.h., einen Denotator.

NoteSet:@Loc({N1,N2,...,Ns})

der Form Loc:.Powerset(Note) haben. In RUBATO ist diese Menge typisch als Datei mit Namen "NoteSet.pred" gespeichert, wobei der Extender .pred die Information gibt, dass man hier einen Denotator vorliegen hat.

Jeder Note Ni der Menge NoteSet wird nun vermöge der vorliegenden Analyse A ein Gewicht weight_A(Ni) zugeordnet, das ist eine nicht-negative reelle Zahl. Man kann dies als Funktion

 weight A : NoteSet --> R 

auffassen.


Übung:(Fakultativ)

Mehr formal könnte man das Gewicht als Denotator in einem Produktraum der Form

Weight:.Powerset(Note,Value)

mit der Werte-Form

Value:.Simple(R)

sehen, aber das lassen wir hier als Übung für Unersättliche.


Intuitiv gibt das Gewicht einer Note an, welche Bedeutung sie in der Analyse A bekommt. Es wird damit aber mitnichten bestimmt, wie die Note zu spielen sei. Das Gewicht ist also eine rein mentale Information, die als "Rohstoff" der Performance-Gestaltung zugänglich gemacht werden muss.

Die MetroRUBETTE

Um die allgemeinen Ideen konkret zu machen, wollen wir ein elementare Rubette, die MetroRUBETTE für metrisch-rhythmische Analyse diskutieren.

Im Riemann-Musiklexikon zitiert Frieder Zaminer im Artikel "Metrum" Gustav Becking:

Die Frage nach den Grundlagen und Prinzipien metrischer Ordnungsgefüge gehört zu den meist umstrittenen der Theorie und bildet ein Kernproblem der Analyse.

Die Begriffe "Metrum" und "Rhythmus" sind in der klassischen Musikwissenschaft ziemlich problematisch, da sie relativ diffus sind.

Wir lesen bei Hugo Riemanns Buch System der musikalischen Rhythmik und Metrik folgendes nach:

Ich habe...die Wertung der den Rhythmus eines Tonstückes beherrschenden mittleren Zeiten an dem normalen Mittelmass des gesunden Pulses die rhythmische Qualität genannt...

Und J. Trier (Studium Generale II 1949) definiert

Rhythmus ist die Ordnung im Verlauf gegliederter Gestalten, die darauf angelegt ist, durch regelmässige Wiederkehr wesentlicher Züge ein Einschwingungsstreben zu erwecken und zu befriedigen.

Offenbar ist aber dieser komplexe Begriff basiert auf einem weniger komplexen Basisbegriff des Metrums. Bei Riemann a.a.O. heisst es:

Wir operieren mit einem zweiten Grundbegriffe (neben "rhythmische Qualität" G.M.), ..., demjenigen des verschiedenen Gewichtes der Zeiten, der metrischen Qualität.

Schwere und leichte Zeiten sind bei Riemann allerdings nicht abstrakte Dinge, sondern stets aus der realen Existenz durch Inhalte, also Noten, Töne, abgeleitet.

Dieser zweite Begriff scheint sehr gut zu der Definition von Gewichten zu passen, die wir oben diskutiert haben. Wir werden daher die MetroRUBETTE aufgrund einer metrischen Struktur konstruieren und dabei den Begriff des Rhythmus nicht direkt benutzen, sondern die dem Rhythmus zugrundeliegende Idee der Regelmässigkeit aus der metrischen Qualität ableiten.

Normative und Immanente Rhythmik/Metrik

Um Regeln der metrisch-rhythmischen Interpretation eines Musikstücks zu bilden, muss man immer die Frage nach der Basis der Untersuchung stellen. Aesthesis ist ja am Werk einerseits und an den Voraussetzungen des Analysierenden andererseits festgemacht.

Und auch in der scheinbar "neutralen" Untersuchung der Partitur des Werkes (Bild 86) ist es nicht gleichgültig, welche Aspekte man als relevant auffasst.


Träumerei

Bild 86: Partitur: Träumerei


Hier gibt es Taktstriche, Periodengrenzen etc. Und es gibt die Noten selbst. Die Frage wäre also, wie stark die Takt-Metrik und die Notenverteilung in der Zeit verknüpft sind. Und auf was man hier zu achten hätte.

Normative Analyse würde hier bedeuten, dass man die Taktstriche und die äusseren formalen Grenzen der Partitur-Tradition als Prokrustesbett nimmt, um die Rhythmik des Stücks zu bestimmen.

Ray Jackendoff und Fred Lerdahl haben das so angesetzt in ihrem Werk Generative Theory of Tonal Music.


Juptiter

Bild 87: Metrische Analyse eines Stücks aus der Juptiter Symphonie


Bei Jackendoff und Lerdahl (Bild 87) werden die Taktstriche immer als metrische Punkte angenommen. Ferner wird auch von nichtexistierenden Einsatzzeiten ausgegangen, und schliesslich sind auch die Unterteilungen normativ: Immer 1:2 oder 1:3. Alles andere ist verboten.

Das ist sehr gefährlich, weil es einerseits die Komplexität der Rhythmik zerstört und andererseits Normen etabliert, die nur den schlechten Massengeschmak zementieren.

Rhythmik ist in Wirklichkeit sehr komplex und vieldeutig. Hier ein Beispiel:


Audio 7: Steve Coleman; #1 Precession der CD The Sonic Language of Myth. Alternative: G. Ligeti, Track 6 auf der CD "African Rhythms".


Es it hier durchaus "tonale Musik"; jedenfalls mindestens polytonale Musik. Coleman spricht zu diesem Stück von "Ratios", Verhältniszahlen der Zeitteilung.

Geographie der lokalen Metren

In dieser Situation befand sich meine Zürcher Arbeitsgruppe, als wir rhythmische Gestaltung zu modellieren hatten. Wir benötigten konkrete Analysewerkzeuge, nicht nur abstrakte oder brutal normative Prinzipen!

Dies ist in Kürze unsere Argumentation. Sie müsste natürlich durch eine gründliche Hinterfragung des Phänomens ergänzt werden!

  1. Metrik betrifft den Aspekt der Periodizität in der Zeitgestalt der Musik.

  2. In Anlehnung an Aristoteles ist nach Christian Ehrenfels Gestalt mehr als die Summe ihrer Teile: "Übersummativität". Wieviel mehr das jeweils ist, wird in der mathematischen Musiktheorie durch den Begriff der globalen Komposition beschrieben. Das ist eine quasi-geographische Überdeckung einer Gestalt durch Karten aus "Elementargestalten", siehe Bild 88.


lokale_Metren

Bild 88: Beispiele lokaler Metren in der EventONSet-Menge


Wir gehen also im Geist von Riemann davon aus, dass sich

Zählzeiten unter allen Umständen erst reale Existenz durch ihre Inhalte gewinnen.

(System der mus. Rhythmik und Metrik, p.8). Hier also der Inhalt des Prädikats (in RUBATO synonym zu "Denotator" verwendet), den man explizit in die Analyse einbringen muss, damit es in betracht kommt. I.a. werden wir verschiedene "Objekt-Sorten" (Formen) antreffen, die auch entsprechend mehr oder weniger zum Gesamtrhythmus beitragen können. So kann man in dieser Hinsicht Taktstriche, Pausen, Noten, etc. unterscheiden. Also man muss sagen, ob man von Noten, Taktstrichen oder was auch immer für Ereignisse in der Zeit spricht. Das ist eine Art Deklarationspflicht für die verwendeten Material-Vorgaben.

Betrachten wir zunächst den Fall Bild 88, dass alle Events von der gleichen Sorte (Form) sind.

Die Elementargestalten der Rhythmik sind die lokalen Metren. Dies sind periodisch verteilte Folgen von Einsatzzeiten zu real vorkommenden Objekten unserer ausgewählten Sorte. Die Anzahl der Wiederholungen (Zwischenräume) heisst die Länge des jeweiligen lokalen Metrums.

Damit wird eine Menge von Einsatzzeiten durch einen "Atlas" von lokalen Metren, den "Karten" des Atlas, überdeckt.

Um mathematische Artefakte zu vermeiden, beschränken wir uns auf die maximalen lokalen Metren, also jene, die nicht echte Teilmengen von anderen lokalen Metren in unserem Atlas sind (Bild 89):


maximale_lokale_Metren

Bild 89: Der Atlas der maximalen lokalen Metren im Beispiel EventONSet


Der Atlas der maximalen lokalen Metren beschreibt für jede Einsatzzeit
ihren metrischen Kontext innerhalb des gegebenen Prädikats!

Operationalisierung mit der MetroRUBETTE

Wir legen eine minimale zugelassene Länge von maximalen lokalen Metren fest durch die Zahl MINIMUM. Das it eine wichtige kognitive Entscheidung! Techno-Fans werden hier unter MINIMUM = 200 nichts akzeptieren... Dann wählen wir eine Wachstumszahl, d.h. einen Exponenten PROFIL, mit dem der Beitrag wachsender Längen von lokalen Metren gewertet wird. Das Gewicht der Einsatzzeit E ist dann definiert durch die Formel in Bild 90b,


Gewicht

Bild 90a: Gewicht einer Einsatzzeit


Gewicht_Formel

Bild 90b: Gewicht einer Einsatzzeit


also die Summe aller Längenpotenzen L_1^PROFIL ,..., L_m^PROFIL , wo die Summe über alle maximalen lokalen Metren geht, die mindestens Länge MINIMUM haben, und die E enthalten. Bild 91 zeigt ein Beispiel eines Gewichts.
Beispiel_Gewicht

Bild 91: Beispiel eines Gewichts


Nun ist das metrische Gewicht eines Objekts X in EventONSet definiert als das Gewicht seiner Einsatzzeit E_X und man ist fertig mit der Definition für eine Sorte.

Schliesslich kann man in der MetroRUBETTE das Gewicht mehrerer lokalen Kompositionen, die bestimmten Objekt-Sorten entsprechen, gewichtet zusammenzählen, siehe Bild 92. Man hat in diesem Beispiel die Sorten "Linke Hand", "Rechte Hand", "Taktstriche" und "Pausen" genommen und für jede Sorte das metrische Gewicht ermittelt. Dann wird ein Distributor für die relative Gewichtung der diversen Sorten abgegeben (x% für linke Hand etc.) und das Summengewicht so ausgerechnet.

Mit dieser Methode kann man also seine Ansicht (psyschologisch oder sonstwie begründet) über die Rolle einer bestimmten Sorte von Objekten kundtun. Man kann die Taktstriche etwa ganz wichtig nehmen durch hohe %-Zahl, oder aber durch 0 % einfach eliminieren...


Kombination

Bild 92: Gewichtete Kombination von Gewichten


Wir können also für unsere Diskussion zwei Dinge definieren:

Metrik ist die globale Struktur der Überdeckung der Einsatzzeiten mit lokalen Metren.

Rhythmik ist die Gewichtsfunktion auf einer globalen Metrik.

Take Five in Schumanns Träumerei

Wir wollen nun sehen, ob und wie Rhythmik in Schumanns Träumerei (Kinderszene #7, Bild 86) immanent sich darstellt. Bild 93 zeigt die gesamte metrische Analyse der Träumerei. Wir konzentrieren uns auf die linke Hand und betrachten die oberste Ebene (MINIMUM so gross wie möglich, dass überhaupt noch lokale Metren existieren).


Metro_Traeumerei

Bild 93: Die Metro-Weight-Sequenz in der Träumerei


Interessant ist hier ein auf der obersten Ebene sichtbares Phänomen der linken Hand: 5/4+3/4 = 8/4 in der zweitaktigen 4/4-Struktur.

Dies ist also nicht die Dominanz des Taktstrichs, sondern eine ungregelmässige metrische über das ganze Stück erstreckte Struktur.

"Take Five!" bei Schumann!

Damit Sie diese Struktur auch würdigen können, sollten wir einerseits bemerken, wie schwer es ist, die Schumannsche Rhythmik in der Träumerei zu interpretieren. Evtl. liegt es auch daran, dass Rubati in diesem Stück ganz stark auftreten, und dass dies evtl. Ausdruck einer rhythmischen Unstabilität oder Widersprüchlichkeit ist: RH 4+4 gegen LH 5+3!

Um dies hörbar zu machen spielen wir zuerst eine Interpretation der Träumerei:


Audio 8: Martha Argerich: Kinderszene #7 anspielen.


Die linke Hand wollen wir nun genauer anhören, und zwar in einer Computer-Simulation der rhythmischen 5+3-Gewichtung. Wir benutzen dazu die PerformanceRUBETTE von RUBATO (siehe Kapitel 9!) und legen die Gewichte der Analyse auf die Lautstärke der linken Hand.

Audio 9: Tape: LH mit Gewichten


Video 1: Evtl. Video mit der metrischen Analyse der Kuriosen Geschichte/RH. Alternativ: Stange-Elbes Filme der Kunst der Fuge.


Der Rhythmus von Mathias Rissis Papago -- Tohono O'Otam

Nach diesen analytischen Exkursen in Theorie und Praxis wenden wir uns einer "ethnologischen" Problematik zu: einer Jazz-Bigbandkomposition des Schweizer Komponisten und Saxofonisten Mathias Rissi. 1995 hatte er eine 12-tönige Komposition Papago -- Tohono O'Otam in der Urform im 4/4-Takt erstellt (Bild 94):


Papago

Bild 94: Urtext der Komposition Papago


Audio 10: Tape: Urtext der Komposition Papago


Es reicherte sie an mit Techniken der seriellen Musik und mit Hilfe der Kompositionssoftware presto, die wir in Kapitel 10 besprechen werden. Dadurch wurde das Stück rhythmisch unübersichtlich.

Audio 11: Tape: Urtext Papago mit zugefügter zweiter Stimme


Wir haben darauf diese Version einer Analyse mit der MetroRUBETTE unterzogen. Denn es ging darum, dass Rissi für die Bigband genau verstehen wollte, was da vorgeht. Es stellte sich in unserer Analyse des Urtextes in der Tat heraus, dass die dominante Rhythmik, also die Gewichtsfunktion, stark durch eine 3/8-Periode dominiert ist. Also schrieben wir die Partitur neu so (Bild 95):
Neue 3/8 Partitur

Bild 95: Neue 3/8 Partitur


Wir wollen das nun in zwei Versionen hören:

Audio 12: Fuego-CD: Papago im Trio Rissi-Mazzola-Geisser (nur bis Impro!)


Und dann in der Bigband-Version, um die es ging:

Audio 13: CD (Yavapai): Tohono O'Otam (Nordindianischer Titel, synonym zu Papago) ab 15:38. Piano-Solo als Vorspiel interessant wegen rhythmischem Kontrast


Splines für Gewichte

Es scheint, als hätte man damit das Problem für A = metrische Analyse gelöst. Wir erhalten ja eine Gewichtsfunktion, die eine Art Rhythmusfunktion impliziert. Wir haben allen lokalen Metren, also lokal regelmässigen Einsatzzeit-Folgen, Rechnung getragen, und dies sogar mit gewichteten Beitragszahlen als Funktion der Objekt-Sorte.

In der Praxis und dann auch ganz prinzipell für die Performance tritt aber folgendes Problem auf, das noch zu lösen wäre: Wenn man eine Gewichtsfunktion weight A : NoteSet --> R hat, dann kann zweierlei passieren. Später, wenn man sie für Performance-Aufgaben benutzt, kann es sein, dass man ihre Werte haben möchte für ein Objekt X, das seine Einsatzzeit nicht in EventONSet hat.

Es passiert aber im Rahmen der Rechnungenauigkeit von Computern auch ohne weiteres, dass man den Wert weight A (X) nicht erhält, da sich aus rechnerischen Gründen die Gleichheit der Einsatzzeit von X in EventSet und der Einsatzzeit von X von EventONSet nicht mehr bejahen lässt (Rundungsfehler, etc.). Dann möchte man doch den Wert der Funktion auch ein ganz klein wenig neben dem theoretischen Wert haben, und das sollte in etwa dasselbe sein wie die theoretische ermittelte Zahl.

Man muss also so oder so das Gewicht interpolieren auf Einsatzzeiten, die nicht schon automatisch Werte bekommen. Solche Interpolationen heissen Splines.

Präzisierung für Informatiker

In der numerischen Mathematik dient dazu insbesondere die Theorie der Splines. Wir wollen das für den hier relevanten Fall einer Gewichtsfunktion

w:EventONSet --> R

auf einer Teilmenge EventONSet der reellen Zahlen anschauen (wir können für diese Zwecke die dahintersteckenden Formen vergessen). Nehmen wir an, es seien zwei benachbarte Einsatzzeiten E1 und E2 gegeben, und wir haben y1 = w(E1), y2 = w(E2). Ein Spline zu diesem Paar ist dann eine Funktion, die überall im Intervall zwischen E1 und E2 definiert ist und auf den Grenzzeiten die entsprechenden Funktionswerte y1 und y2 annimmt. Man fordert manchmal auch noch, dass die Funktion eine Ableitung hat in diesem Intervall und dass deren Ableitung in E1 und E2 entsprechende Werte z1 und z2 annimmt. Man betrachtet bei Splines immer nur spezielle Klassen von Funktionen, z.B. polynomiale Funktionen

f(E) = a_d.E^d + a_(d-1).E^(d-1) +...a_1.E + a_0

Man spricht von linearen Splines, wenn sie polynomial vom Grad 1 sind, also

f(E) = a_1.E + a_0,

von quadratischen Splines, wenn

f(E) = a_2 .E^2 +a_1..E + a_0

und von kubischen Splines, wenn

f(E) = a_3 .E^3 + a_2 .E^2 +a_1..E + a_0

ist. Kubische Splines haben eine gute Eigenschaft: Wenn man von ihnen verlangt, dass sie in den Grenzpunkten Ableitung z1 = z2 = 0 haben, also flach sind in den Gewichtspunkten der gegebenen Einsatzzeiten, dann gibt es genau eine Lösung für die vier Koeffizienten a_3 , a_2 , a_1 , a_0 .


Übung:

Man rechne die Koeffizienten explizit aus als Funktionen von E1, E2, y1, y2. Dies ist eine Mittelschulaufgabe!

Ende Präzisierung für Informatiker


Wir wollen das hier anwenden. Ein solches gesplintes Gewicht zum gegebenen diskreten Gewicht zeigt Bild 96.


splined weight

Bild 96: Diskretes und gesplintes Gewicht


Mit diesen Konstruktionen, die alle in der MetroRUBETTE implementiert sind, können wir uns einige Beispiele anschauen und später dann auch im Rahmen der PerformanceRUBETTE anhören.

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